Förderverein KunstPlatz Hemsbach e.v.
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Unser Bücherschrank fiel Vandalismus zum Opfer

© Bodo Nakoinz

„Ich verstehe die Welt nicht mehr“

„Ich komme auf meinem täglichen Spaziergang hier immer vorbei und verstehe die Welt nicht mehr, wer macht denn sowas?“, fragt die rüstige Rentnerin und meint den ausgebrannten „Öffentlichen Bücherschrank“, der im Oktober 2015 seinen Platz hinter dem Rathaus gefunden hat. Jetzt steht die Hemsbacherin vor einem durch blinde Zerstörungswut angezündeten und abgebrannten Kunstwerk, das Jugendliche in ihren Ferien gebaut haben. Auch für den Ex-Chef des Kunstplatzes, Michel Spicka, stoßen derartige Vorgänge auf absolutes Unverständnis und „machen mich sehr traurig“, denn „es wurde ein gemeinsames Werk vieler Bevölkerungsschichten zerstört.“

Nun ist es aber nicht nur der „abgefackelte“ Bücherschrank am Rathausplatz, der Unverständnis und eine gewisse Hilflosigkeit hervorruft. Ob Lärmschutzwände am Bahnhofsgelände und der Kreisverbindungsstraße, den Unterführungen am Bahnhof, der Beethovenstraße, am Seeweg und Am Hinterroth/Auf der Entenweide, nirgends sind Wände vor Vandalen mit Spraydosen sicher. „Da stellt sich schon die Frage, ob das ein generelles gesellschaftliches Problem in Hemsbach ist“, überlegt Michel Spicka und appelliert an die Täter: „Bitte lasst uns miteinander im Frieden in unserer schönen Stadt leben.“ Er stellt fest: „Es haben sich viele Hemsbacher Bürgerinnen und Bürger, Schülerinnen und Schüler aller Schulen engagiert, um die Stadt bunter zu gestalten.“ In Schulprojekten und Arbeitskreisen wurden Trafohäuschen und Verteilerkästen „dekorativ mit schönen Motiven“ bemalt, einfache Ideen in interessante und lebensnahe Darstellungen umgesetzt. Eine Arbeitsgruppe des Kunstplatzes hat vor über sechs Jahren auf Initiative von German Braun das Kunstwerk Bücherschrank im Rahmen des Skulpturen-Symposiums am Wiesensee von Schülerinnen und Schülern der Friedrich-Schiller-Gemeinschaftsschule und der Maria-Montessori-Schule entworfen und anschließend in den Werkräumen der Schule während der Sommerferien gebaut. Diese einmalige „Skulptur“ entstand mit fachlicher Beratung des Mannheimer Bildhauers Motz Tietze. Bei der Übergabe wünschte sich Initiator Braun noch, dass „der Bücherschrank gehörigen Appetit auf´s Lesen macht.“ Jetzt, nachdem er vom Vorfall gehört hatte und im ersten Moment wütend war, hat er „das Gefühl einer betroffenen Ratlosigkeit“ und fragt sich, weshalb so etwas kaputt gemacht wird und wen man damit treffen will: „Ein tolles Werk wurde von jungen Leuten gebaut und viele friedliche und freundliche Menschen, die keinem etwas zu leide tun, haben sich dort mit Lesestoff versorgt.“

Auch die Unterführung der Beethovenstraße hielt nicht lange den „Sprayern“ stand. Erst im letzten Jahr haben im Rahmen des „Kunstplatzes“ Schülerinnen und Schüler der Schillerschule gemeinsam mit engagierten Seniorinnen und Senioren den Durchgang bunt und damit freundlich gestaltet. Auch hier haben bereits Vandalen Spuren hinterlassen. Im Gespräch mit Bürgermeister Jürgen Kirchner und Sven Maschur, Stellvertretender Leiter des Ordnungsamtes, stellte sich heraus, dass es bereits in der Vergangenheit die eine und andere kleinere Zündelei an Einkaufswagen oder Papierkörben gegeben hat. „Wir haben alle diese Vorgänge bei der Polizei zur Anzeige gebracht, so auch dieses neue Feuer“, erklärte Maschur und Kirchner kündigte für das aktuelle Geschehen das Aussetzen einer Belohnung in Höhe von 1000 Euro für sachdienliche Hinweise an: „Das, was jetzt passiert ist, hat eine andere Dimension und wir wollen herausfinden, wer das gemacht hat.“ Klarstellen möchte der Rathauschef, dass der Brand des Bücherschrankes „uns nicht egal ist, denn wir lassen uns nicht alles kaputtmachen“. Nicht nur, dass die Stadt etwa alle zwei Jahre die Unterführungen streichen muss und dafür Steuergelder einsetzt: „Es wirft auch ein schlechtes Licht auf Hemsbach.“ Ein positives Signal setzte Jürgen Kirchner: „Da muss wieder ein Bücherschrank hin, denn der wurde angenommen.“ Darüber freue er sich für die Schüler und Leser, so Braun in seiner Stellungnahme, dass der Bücherschrank wieder aufgebaut wird.
© Bodo Nakoinz

Veröffentlicht in KunstPlatz